Singakademie Gera e.V.

Singakademie Gera e.V.

Dona nobis pacem - Festkonzert 50+3 Jahre Singakademie Gera

Text von Oliver Franke, Bilder von Wolfgang Hesse

Ein Moment der absoluten Stille. Doch spürten Mitwirkende und Hörerschaft gleichermaßen, dass der letzte Akkord dieses wundervollen Konzerts noch nicht ganz verklungen war; noch erfüllte die sanfte Schwingung des letzten Pianissimo der Rutter‘schen „Mass of the children“
den beeindruckenden und sehr gut besuchten Kirchenraum der Geraer Johanniskirche, bevor
wenige Augenblicke später, als auch der Dirigent langsam seinen Taktstock senkte, tosender
Beifall aufbrandete.
Doch beginnen wir von vorn. Wie die Überschrift erahnen lässt, sollte das Konzert tatsächlich
bereits im Jahre 2020 stattfinden, dann nämlich, da die Singakademie Gera tatsächlich ihr
50jähriges Jubiläum beging. Die Wirren der letzten Jahre, auf deren einzelne Aufzählung
getrost verzichtet werden mag, machten diesem Unterfangen jedoch immer wieder einen
Strich durch die Rechnung. Als die Welt begann, sich im letzten Jahr in einigen Bereichen doch
wieder in Richtung ihres angestammten Rahmens zu bewegen, konnten endlich auch die
Planungen für das lang ersehnte Konzert vorangetrieben werden. Und so studierten denn die
mitwirkenden Chöre der Singakademie Gera unter der Leitung von Benjamin Stielau, der auch
die Gesamtleitung des Konzertes innehatte, des Heinrich-Schütz-Chores Gera unter Martin
Hesse und des Mädchenchores des Rutheneums seit 1608 unter Alexander Köhler zunächst
getrennt voneinander die zur Aufführung gelangenden Werke.
Beeindruckend ist, dass zum aktuellen Ensemble der Singakademie Gera eine Handvoll
Gründungsmitglieder gehören, die ihrer Leidenschaft auch noch nach einem guten halben
Jahrhundert mit großer Hingabe nachgehen und sowohl menschlich als auch künstlerisch eine
Bereicherung für den Chor darstellen. Ebenso haben einige Sängerinnen und Sänger, die in
früheren Jahren bereits der Singakademie Gera angehörten, den Weg zurückgefunden. Und
beeindruckend für mich, der sich der Gruppe der Rückkehrer zuordnen darf, ist die Tatsache,
dass in Benjamin Stielau seit 2013 ein künstlerischer Leiter am Pult steht, der dem Chor zu
altem Glanze verholfen hat. Seine stets menschliche, akribische, teils (positiv) pedantische und
künstlerisch fordernde Probenarbeit und Leitung des Chores macht es zur Freude, diesem
Ensemble angehören zu dürfen.
Schließlich wurden die Chöre allmählich in gemeinsamen Proben zusammengeführt.
Singakademie und Heinrich-Schütz-Chor fanden sich immer besser zusammen; einzig der
Mädchenchor kam tatsächlich erst zur Generalprobe am Aufführungstag hinzu. Da aber waren
alle äußerst angetan, wie hervorragend die Mädchen von Alexander Köhler auf dieses Konzert
vorbereitet wurden. –
Die Zeit war gekommen und die ersten Töne der „Messe C-Dur KV 317“ von Wolfgang Amadeus
Mozart erfüllten das Kirchenschiff mit ihrem Kyrie. Eine bestens aufgelegte Vogtland
Philharmonie Greiz-Reichenbach harmonierte in feinster Manier mit dem Solistenquartett: mit
der forschen Entschlossenheit der Sopranistin Annick Vettraino, die mit ihrem glockenhellen
Sopran und ihrer erfrischenden Leichtigkeit begeisterte, mit der Mezzosopranistin Claudia
Müller, die sich mit ihrem warmen Timbre in die Herzen der Hörerschaft sang, mit dem Tenor
Algın Özcan, dessen Enthusiasmus in jedem seiner Töne hörbar und spürbar war. Allesamt
Ensemblemitglieder im Opernchor des Theaters Altenburg-Gera, wussten diese ebenso zu
überzeugen wie die Bassstimme des Kammersängers Roland Hartmann, der dem
harmonischen Solistenquartett eine profunde Basis gab.
Die Chöre schwangen sich über die Vehemenz des Mozart’schen Gloria hinauf zum Credo,
bevor sie sich über Sanctus, Benedictus und Agnus Dei der innigen Bitte des ‚Dona nobis
pacem‘ näherten. Mozart lässt diese Bitte jedoch in feuriger Stimmgewalt vortragen, sowohl
Chor als auch Solisten sind an ihr beteiligt. So sind die letzten Takte seiner Messe eher ein
Ausruf, eine Aufforderung: Gib uns Frieden!
Das anspruchsvolle Gegenstück in Form von John Rutters „Mass of the children“ folgte
alsogleich. Aus dem Solistenquartett war ein Duett geworden – bestehend aus Sopran und
Bass. Dafür integriert John Rutter den Mädchenchor in sein Werk. Und auch wenn die Aussage
die gleiche ist, so hat seine Messe doch eine völlig andere Klangfarbe als die zuvor
dargebotene; nicht nur der Zeit geschuldet, die zwischen der Entstehung dieser beiden Werke
liegt. Benjamin Stielau gelang es mit scheinbarer Leichtigkeit, den Charakter der Rutter’schen
Messe auf Orchester, Chor und Solisten zu projizieren. Eine unglaubliche Spannung machte
sich im weiten Kirchenschiff breit und gipfelte im Finale, dem ‚Dona nobis pacem‘. Auch John
Rutter gestaltet diese Bitte zunächst als Ausruf, doch anders als bei Mozart wird diese Bitte
immer mehr zum Flehen, immer leiser werdend und herzergreifend. Und so endete schließlich
diese Messe und unser Festkonzert in einem Moment der absoluten Stille.